Unter
strenger Selbstkontrolle leben Magersüchtige ihre Erkrankung
aus. Sie haben große Angst, fett zu sein und eine so
verzerrte Selbstwahrnehmung, dass sie selbst völlig abgemagert
noch denken, dick zu sein. Magersüchtige wenden unterschiedliche
Techniken an um Gewicht zu verlieren. Entweder sie sind bulimisch
(Esssucht mit Erbrechen), oder sie treiben exzessiv Sport, missbrauchen Abführmittel oder fasten. Das Gefühl
der absoluten Kontrolle über ihren Körper verleiht
ihnen Selbstbewusstsein und Stolz.
Betroffen sind vorrangig Mädchen und junge
Frauen, doch auch Männer können an Magersucht erkranken.
Durch die extreme, selbst herbeigeführte Gewichtsabnahme drohen
bei magersüchtigen Patientinnen oft sehr ernsthafte Komplikationen. Oft liegt ihr Gewicht 25 % oder mehr unter
dem Normalgewicht (BMI <17). Etwa ein Zehntel aller Magersüchtigen
stirbt infolge des langsamen Aushungerns. Schon zu Beginn der Magersucht
bleiben der Eisprung und die Regelblutung aus, später kommt
es zu Schäden am Herzen und den Nieren.
Von einer Magersucht spricht man, wenn
bestimmte Kriterien erfüllt sind, dazu gehören:
- eine intensive Angst zuzunehmen, selbst wenn
bereits Untergewicht besteht
- eine Störung der Wahrnehmung von
Gewicht, Maßen und Gestalt des eigenen Körpers:
Die Betroffenen fühlen sich immer noch "zu fett",
auch wenn ihnen das Untergewicht deutlich anzusehen ist.
- das Ausbleiben von mindestens drei Menstruationszyklen
Magersüchtige Menschen sind oft extrem leistungsorientiert.
Ihre Fähigkeit zu intensiveren Kontakten und emotionalem
Austausch ist eingeschränkt, sie leben häufig in
sozialer Isolation. Das Verlangen nach Sexualität ist
gering oder sogar mit Angst besetzt.
Häufigkeit von Magersucht
Das höchste Erkrankungsrisiko haben junge
Frauen zwischen 15 und 25 Jahren, in dieser Risikogruppe erkranken
von 100.000 Frauen zwischen 50 und 75 pro Jahr. Das Erkrankungsrisiko
während des ganzen Lebens beträgt für Frauen
ca. 1 %. In letzter Zeit tritt Magersucht auch vermehrt bei
Männern auf.
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Zucker und Bulimie: Wie richtige Ernährung hilft, aus Bulimie und Binge Eating auszusteigen von Inke Jochims

Gemeinsam die Magersucht besiegen
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Norbert Mai
Der Weg zurück ins Leben. Magersucht und Bulimie verstehen
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Gründe für
Magersucht:
Hinter einer Magersucht stehen immer sehr schwerwiegende
psychische Probleme. Es gibt verschiedene Gründe, die zu Magersucht
führen können.
Einige davon sind:
- wenig oder kein Selbstbewusstsein: Fühlt
man sich unsicher, zu dick oder nicht hübsch genug
oder man ist einfach nicht mit sich und seinem Körper
zufrieden, kann das zu Magersucht führen.
- Kulturell bestimmte Idealvorstellungen über
das Erscheinungsbild des weiblichen Körpers können eine
wichtige Rolle spielen. Mode, Werbung und die Medien lassen den
Eindruck entstehen, dass Frauen, die dem Schlankheitsideal entsprechen,
besonders attraktiv, erfolgreich, usw. sind. Models und Schauspieler
sind schön, schlank und hübsch. Viele junge Menschen
nehmen diese als ihr Vorbild.
- Kontrolle über den eigenen Körper
und das eigene Leben zu haben gibt ihnen das Gefühl etwas
besonders gut zu können. Stolz.
- die Angst vor dem Erwachsenwerden: Oft
entwickelt sich Magersucht während der Pubertät,
da dies eine Zeit der großen Veränderung ist:
sexuell, körperlich und emotionell.
- Konflikte in der Familie, z. B. Scheidung der
Eltern
- um Aufmerksamkeit zu bekommen: Manchmal
ist Magersucht eine Art Hilferuf.
- Bei Sportlern, von denen erwartet wird, dass
sie besonders schlank sind, z. B. Skispringer oder Tänzerinnen,
besteht ein besonderes Risiko, dass sie magersüchtig werden.
Wie kann man Magersucht behandeln?
Die Behandlung der Magersucht besteht aus zwei Schritten.
1. Gewichtszunahme
2. Behandlung der psychischen Probleme
Zunächst steht die Gewichtszunahme im
Vordergrund. Eine Therapie, die seelische Probleme der Erkrankten
behandelt, kann erst erfolgreich sein, wenn der körperliche
Zustand stabilisiert bzw. nicht mehr lebensbedrohlich ist.
Da magersüchtige Patientinnen ausgeprägte Verleugnungstendenzen
haben und große Schwierigkeiten im Hinblick auf die
Normalisierung ihres Essverhaltens, ist häufig eine stationäre
Psychotherapie notwendig. Der stationäre Aufenthalt ist
als Einstieg in den psychotherapeutischen Prozess zu sehen,
der ambulant fortgesetzt werden muss, wenn die Behandlung
Erfolg haben soll.
Die Psychotherapie kann magersüchtigen Frauen andere Lösungen
für die Bewältigung ihrer Probleme eröffnen, ohne
auf ihr gestörtes Essverhalten als Lösungsstrategie zurückgreifen
zu müssen.
Bei jüngeren Betroffenen, die noch bei
ihren Eltern leben, wird oft eine Familientherapie durchgeführt,
um die Störung auch aus dem Lebensumfeld der Patientin
heraus verstehen und behandeln zu können. In der Familientherapie
werden auch die Eltern und Geschwister in den Behandlungsprozess
mit einbezogen.
Ca. 30 % aller Magersüchtigen bleiben
chronisch krank, 60 % werden geheilt durch Therapie und Spontanheilung
und 10 % erliegen der Krankheit. Hungern bis in den Tod. Meist
dauert eine Therapie mehrere Jahre.
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Kognitive Verhaltenstherapie bei Anorexia und Bulimia nervosa Corinna Jacobi, Andreas Thiel, Thomas Paul
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